Der italienische Brabham-Pilot Riccardo Patrese war fassungslos: „Ein verrücktes Rennen, unglaublich, ich habe gewonnen.“ Was war geschehen? Nur wenige Experten und Zuschauer rechneten am 23. Mai 1982 in den engen Straßenschluchten von Monte Carlo mit einer starken Vorstellung der Teams, die auf Turbomotoren setzen – diese schienen nicht geeignet zu sein für den langsamen Kurs.
Selbst nach der Qualifying-Stärke der Renault glaubte man nicht, dass die Franzosen ihre Turbopower im Rennen würden umsetzen können. Zu Beginn des über 76 Runden ausgetragenen Großen Preises, dem sechsten Formel-1-Lauf der Saison 1982, dominieren jedoch die Renault mit René Arnoux und Alain Prost. Dann aber – in der 15. Runde – dreht sich Spitzenreiter Arnoux im Streckenabschnitt „Schwimmbad“ plötzlich infolge einer abgerissenen Schürze. Der Motor stirbt ab – das Aus für den Trainingsschnellsten. Teamgefährte Prost geht in Führung, verliert aber in den kommenden Runden drei Sekunden seines Vorsprungs auf Patrese. Nicht weit dahinter kämpfen Didier Pironi (Ferrari) und Andrea de Cesaris (Alfa Romeo) um den dritten Platz, Michele Alboreto (Tyrrell) und Keke Rosberg (Williams) um Platz fünf.
Rosberg überholt Alboreto in der 22. Runde. Bis zum 66. Umlauf ändern sich zwischen diesen sechs Fahrern nur noch die Abstände. Prost macht aus drei Sekunden Vorsprung wieder sechs, Patrese profitiert von einer kleinen Rempelei, die Pironi bei der Überrundung von Elio de Angelis (Lotus) die Nase am Ferrari kostet.
Aber auch unter den übrigen Fahrern gibt es praktisch nur durch Boxenstopps und Ausfälle größere Verschiebungen: So rückt Marc Surer (Arrows) durch den Motorschaden von Eddie Cheevers Talbot-Ligier, die Fahrwerkprobleme des zweiten Talbot-Ligier mit Jacques Laffite, den defekten Achsantrieb des ATS mit Manfred Winkelhock, den Zündschaden am McLaren von John Watson, die Motoren- und Getriebeprobleme am Brabham von Nelson Piquet und den Motorschaden am McLaren von Niki Lauda schließlich vom 17. auf den elften Platz vor. In der 55. Runde kommt dann – erst tröpfchenweise und mit einigen Unterbrechungen – der Regen. Kritisch wird es aber erst in den letzten drei Runden, als es vor allem auf den hinteren Streckenabschnitten zwischen Casino und Schikane immer heftiger regnet.
In der 74. Runde gibt Prost ausgangs der Hafenschikane zu viel Gas, sein Renault dreht sich, er schlägt in die Leitplanken ein. Front und rechtes Vorderrad werden abgerissen. Patrese übernimmt die Führung, verliert sie aber in der nächsten Runde nach einem Dreher vor dem Hotel „Loews“ und bleibt in der Haarnadelkurve mit seinem Fahrzeug als gefährliches Hindernis stehen. Er wird von Streckenposten angeschoben, rollt bergab in Richtung des Tunnels, während ihn Pironi und de Cesaris überholen.
Patrese gelingt es im Gefälle, den Wagen wieder zu starten und die letzte Runde aus eigener Kraft zu Ende zu fahren. Pironi verpasst den Sieg: Er bleibt im Tunnel mit leerem Tank stehen. Wenig später das nächste „Sprit-Opfer“: Der nun führende de Cesaris rollt im Streckenabschnitt „Schwimmbad“ aus – jetzt liegt Patrese wieder vorn. Als er die Ziellinie kreuzt, weiß er nicht, dass er gewonnen hat. Streckenposten, die ihm zujubeln, nimmt er nicht ernst: „Ich dachte, vielleicht haben sie sich über meinen zweiten Platz und mein gutes Rennen gefreut.“ Pironi wird als Zweiter vor de Cesaris gewertet. Nigel Mansell (Lotus) und de Angelis folgen auf den Rängen vier und fünf vor Derek Daly (Williams).
Riccardo Patrese erfährt erst kurz vor der Siegerehrung von seinem Triumph. Bis unmittelbar vor der Pokalübergabe fehlt den Piloten der Durchblick, es herrscht Chaos. „Pironi, de Cesaris und de Angelis rätselten, wer gewonnen hat“, erzählt Patrese später. „Dann schrie mich jemand an: ,Du hast gewonnen!‘ Erst jetzt wird mir klar: Ich habe meinen ersten Grand Prix-Sieg geholt!“ Es droht aber ein Nachspiel, weil Patrese nach seinem Dreher von Streckenposten angeschoben worden war und damit unerlaubte Hilfe in Anspruch genommen hatte. Der Italiener wird aber freigesprochen. „Sie haben mich nur zurückgeschoben, weil ich an einer unübersichtlichen Stelle mitten auf der Strecke stand.“