In einer früheren Farm in Droxford bei Southampton werden von Dan Setford, seinem Special Project Manager Michael Mark und dessen Team historische Rennfahrzeuge rekonstruiert und gebaut. In ihrem Firmen-Portfolio heißt es: "Setford und Company wurde aus purer Leidenschaft für historische Sport- und Rennfahrzeuge gegründet - mit größtem Engagement, um den Job perfekt auszuführen."
Ab 2014 baute Setfords Crew im Auftrag von Jason Stuart Wright zwei Ferrari 156 Sharknose-Replika, die 2017 beim Festival of Speed (FOS) in Goodwood in der Spezifikation des italienischen Gran Premio 1961 – damals gefahren von Phil Hill und Ricardo Rodriguez - präsentiert wurden. Das Team um Dan Setford ist besonders stolz darauf, diese legendären Rennwagen, von denen kein einziges Original-Exemplar mehr existiert, in ihrer Werkstatt wieder „neu erschaffen“ zu haben. Die beiden Wagen sorgen seitdem für Schlagzeilen ...
Unmittelbar nach der Vorstellung beim FOS in Goodwood fand am 31. Juli 2017 in „Setfords Workshop“ in der Bushy Down Farm ein Treffen der „Sharknose family“ statt, an dem ich auf Einladung von Jason Stuart Wright teilnahm.
Anwesend war auch Doug Nye, renommierter englischer Automobil-Journalist und Buch-Autor. Nye, der über dieses Meeting in Dans Workshop berichtete, gilt seit Jahrzehnten als weltweit anerkannter Automobil-Experte, ist Berater des Bonhams-Auktionshauses Collier Collection (USA) und Mitglied des Beirats des British National Motor Museum in Beaulieu. Nye hat auch das Dutch National Motor Museum, das Brooklands Museum in England, McLaren International und McLaren Cars Limited beraten. Er war Gründungsberater des SpeedVision-TV-Netzwerks in den USA und der Donington-Sammlung für Formel-Rennwagen, ist Gründungsberater von Goodwood Motorsport - den Machern des Goodwood Festival of Speed und des Goodwood Revival Meeting - und eines Mitglied des Historians Council des International Motor Racing Research Center in Watkins Glen, NY. Doug wechselte im Alter von 18 Jahren direkt vom Gymnasium zu den Mitarbeitern des Magazins "Motorsport" in Brands Hatch. Nye schrieb inzwischen mehr als 70 Rennsportbücher. Er hat außerdem verschiedene Fernsehsendungen über Autorennen und Fahrzeuge in verschiedenen Sammlungen präsentiert und seit 2004 - zusammen mit seinem Kollegen David Weguelin - die Serie Motorfilms Quarterly mit 90-minütigen archivierten Film-DVDs/Videobändern produziert. Doug Nye stellte mir seinen Artikel über das Treffen der „Sharknose family“ für meine Homepage zur Verfügung. Dafür danke ich ihm herzlich.
Der in Italien ansässige Auto-Sammler und Historic-Rennfahrer Jason Stuart Wright zeigte seine Anerkennung für alle, die ihm auf irgendeine Weise bei seinem von Setford Racing aufgelegten 1961er „Sharknose“ Ferrari Formel 1 Projekt unterstützt haben - und die mithalfen, damit ein bemerkenswertes Paar von mit Originalteilen bestückten Rekreationen hervorgebracht wurde, das beim Goodwood Festival of Speed für Aufsehen sorgte. Dan Setford, Mike Mark und ihre Kollegen verwandelten ihre in einem landwirtschaftlichen Gebäude untergebrachten Werkstatthallen für den Abend des 31. Juli 2017 in ein sehr behagliches italienisches Spitzen-Restaurant – eingerahmt von einer Palette hochkarätiger historischer Rennfahrzeuge. Wahre Ehrengäste auf Jasons Feier waren seine beiden Formel 1 Sharknose Ferrari, einer mit dem ursprünglichen 65-Grad V6 Motor, der andere mit dem späteren, die Weltmeisterschaft dominierenden V6 mit dem weiten 120-Grad-Zylinderwinkel ausgestattet. Es war faszinierend, Dan und Mark in der hereinbrechenden Dämmerung dabei zuzuschauen und zuzuhören, wie sie ihre Werke laufen ließen – den eng-winkligen von Vittorio Jano inspirierten und von Andrea Frascetti vollendeten Motor, dessen Melodie eine bekannte Ferrari-Note versprüht, während der maßgeblich von Carlo Chiti beeinflusste Weitwinkel-V6 mehr nach einem warm laufenden Motorrad klingt.
Beide Wagen wurden mehr oder weniger in der Form Ihrer Vorbilder präsentiert, die beide zum schicksalhaften Italienischen Grand Prix 1961 antraten und vor langer Zeit vom Ferrari-Werk verschrottet wurden. Dieses Rennen sollte die Entscheidung in der damaligen Fahrerweltmeisterschaft herbeiführen, die die beiden Ferrari-Werksfahrer Phil Hill und Wolfgang Graf Berghe von Trips unter sich ausmachen würden. In dieser Phase der 1961er Saison, der ersten der neuen 1,5 Liter Formel 1, waren alle anderen Fahrer bereits aus dem Rennen um den Fahrertitel ausgeschieden, darunter Stirling Moss in seinen Rob Walker-Lotus, so dass die Entscheidung Team-intern zwischen den beiden Ferrari-Stars ausgetragen wurde. Moss hatte mit dem Monaco-Grand Prix das erste Saisonrennen gewonnen. Phil Hill wurde dort Dritter hinter seinem Teamkollegen Richie Ginther. Im folgenden Niederländischen Grand Prix gewann von Trips vor Hill und Clark. Der Belgische Grand Prix erlebte einen großen Ferrari-Sharknose-Triumph mit den Platzierungen 1 – 2 – 3 – 4, eingefahren von Hill, von Trips, Ginther und Olivier Gendebien. Phil Hill hätte den Französischen Grand Prix in Reims in brütender Hitze gewinnen müssen. Er dominierte das Rennen nach Belieben, bevor ihm in der Thillois Haarnadelkurve ein Fehler auf dem schmelzenden Asphalt unterlief und er eine ganze Runde verlor, bis er den Motor wieder zum Laufen brachte. Er belegte mit zwei Runden Rückstand nur den neunten Platz, und so kam Giancarlo Baghetti in seinem ersten Weltmeisterschaftslauf – ebenfalls in einem Ferrari 156 Sharknose – überraschend zu seinem ersten Grand Prix-Sieg.
Im verregneten Aintree gewann Wolfgang von Trips den Britischen Grand Prix vor den Schwester-Fahrzeugen von Hill und Ginther – ein Dreifachsieg der Ferrari V6. Moss schaffte es mit einer meisterhaften Vorstellung, den Grand Prix von Deutschland auf dem Nürburgring zu gewinnen, während Phil Hill, der sich mit einer Rekordrunde von unter neun Minuten die Pole-Position auf der Nordschleife gesichert hatte – sechs Sekunden vor Jack Brabham mit seinem neuen Cooper V8 -, in der letzten Runde eine Auseinandersetzung mit von Trips ausfocht, die in einem synchronen Dreher der beiden Kontrahenten bei einsetzendem Regen mündete. Graf Trips konnte seine Fahrt als Erster fortsetzen und belegte den zweiten Platz vor Phil Hill mit einem Vorsprung von 1,1 Sekunden. Und so brachte uns das Schicksal nach Monza. Phil Hill hatte das Vorjahres-Rennen im V6 Ferrari Dino 246 vor seinen Teamgefährten Richie Ginther und Willy Mairesse gewonnen - es war der letzte GP-Erfolg eines Wagens mit Frontmotor. Beim WM-entscheidenden Italienischen Grand Prix 1961 waren nur noch Phil Hill und Wolfgang von Trips in die Titelvergabe involviert. Phil Hill konnte sich am Ende der ersten Runde an die Spitze setzen und seine Führung ausbauen. Tragischerweise unterlief von Trips, an vierter Stelle liegend, in der zweiten Rennrunde eine Unachtsamkeit, als er in voller Fahrt die Gegengerade in Richtung der Rechtskurve Parabolica auf der Ideallinie anfahren wollte. Unmittelbar nach dem Überholen von Jim Clarks leichtem und wendigem, aber schwächer motorisierten Lotus 21-Climax, wechselte von Trips seine Linie noch vor Erreichen des Bremspunktes für die nächste Kurve von der Mitte nach links. Was er nicht in sein Kalkül gezogen hatte, waren die geringere Bremsleistung sowie das Urteilsvermögen des jungen Jimmy, dem aufstrebenden Lotus-Star. In dem Moment, in dem von Trips unbedacht nach links zog, erkannte Jimmy zu seinem Entsetzen, dass ihn der deutsche Ferrari-Pilot nicht realisiert hatte und der Lotus bereits mit seinen Vorderrädern auf Höhe der Hinterräder des Ferrari lag - und der Platz zwischen der Wiese zur Linken und den Rädern des Ferrari zu seiner Rechten jeden Moment "ausgehen" würde. Augenblicklich verhakten sich die beiden Wagen ineinander, der Ferrari scherte nach links aus, geradewegs quer in die Nase des Lotus, und beide schleuderten mit weit über 200 km/h (150 mph) in die Böschung in Richtung des Zuschauerzaunes. Tragischerweise schoss der Ferrari von Graf Trips hoch bis an den dicht mit Zuschauern gesäumten Zaun, an dem er, sich überschlagend, mehrere Rennbesucher traf, während der Lotus unten am Streckenrand entlang kreiselte, ohne weiteren Schaden anzurichten. Der Ferrari blieb mit gebrochenem Überrollbügel liegen, und der bereits vorher aus seinem Wagen geschleuderte Wolfgang von Trips wurde tödlich verletzt. 15 Zuschauer wurden mit ihm in den Tod gerissen und es gab viele Verletzte.
Diesem wahrhaft schrecklichen Vorfall entkam Jim Clark zwar schwer durchgeschüttelt, aber unverletzt. Zwischenzeitlich war der Teamkollege und Konkurrent um den Fahrertitel, Phil Hill, längst davon gezogen. Er setzte sein Rennen unbeirrt fort, wie es damals üblich war, und fuhr den zweiten Sieg in Folge für Ferrari beim Italienischen Grand Prix ein. Die Zielflagge bedeutete für ihn den Gewinn der Fahrer-Weltmeisterschaft 1961. Für Phil war es zunächst ein “fantastisches, erhebendes Gefühl“, seinen Lebenstraum erreicht zu haben – aber in dem Moment, in dem er in die Boxengasse einbog und in die Gesichter der Ferrari Mechaniker schaute, wurde ihm klar, dass die Nachrichten über „Taffy“, dessen Ferrari-Wrack er Runde für Runde passierte, die denkbar schlechtesten sein würden. Renningenieur Carlo Chiti informierte Phil über die Todesopfer, und das Schlimmstmögliche fühlte sich sogar noch schlimmer an, obwohl Phil in diese Tragödie in keinster Weise verwickelt war. Er war ein fehlerfreies Rennen gefahren und hatte – ohne sich etwas vorzuwerfen zu haben – den Rennsieg und den WM-Titel eingefahren.
Dieses Jahr fuhr Derek Hill, Phils Sohn, den im Auftrag von Jason Wright bei Setford und Company gebauten 120-Grad-Sharknose-Wagen beim Goodwood Festival of Speed. Er flog von Dreharbeiten aus Bulgarien zum Kaffeekränzchen in Droxford ein, wo er auch die ersten fertigen Seiten des neuen Phil Hill Buches – frisch aus der Druckerpresse – zusammen mit mir präsentierte. Das Buch wird im September erscheinen.
Und als Dan und Mike die Motoren der Sharknose-Wagen am Montagabend in der hereinbrechenden Dämmerung befeuerten, mussten wir unweigerlich an den Mähdrescher-Fahrer denken, der bemüht war, sein Muster in den angrenzenden Feldern fertigzustellen, solange die trockene Witterung es zuließ, seinen Kopf schüttelnd und sich darüber wundernd, was das seltsame, eindringlich brüllende Geräusch wohl sein möge, und welches Teil seiner gewaltigen, vibrierenden, komplexen und teuren Maschine es wohl verursachen könnte … besorgniserregende Zeiten für jemanden dort unten nahe Droxford letzen Montagabend?
Ich hoffe, wenn er oder sie dies liest, findet seine/ihre Seele ihren Frieden.