Er war das „Magische Auge“. So ist auch der Nachruf der Fachzeitschrift „Motor Klassik“ überschrieben, die im April 2020 an den Motorsport- und Automobilfotografen Hans Peter Seufert erinnerte. „HP“, wie ihn die Branche genannt hatte, starb Ende Februar 2020 im Alter von 85 Jahren. Redaktionen und Rennfahrer hatten dem gebürtigen Freiburger in den 1960er-Jahren die Bilder besonders der Grand-Prix-Rennen aus den Händen gerissen. Seufert, der noch die Goldenen Jahre der Königsklasse miterlebt hatte, entdeckte hinter der Kamera bei den Formel-Läufen jener Zeit immer wieder auch das Menschliche – im Cockpit, im Fahrerlager, am Streckenrand.
Die Karriere des 1934 geborenen Sohnes eines Fotografen begann Ende der 1940er-Jahre mit einer Lehre als Lichtbildner und damit der nahtlosen Fortsetzung einer Familientradition. Schon damals begeisterte sich der junge Hans Peter Seufert für den im Nachkriegsdeutschland gerade wiedererwachten Motorsport. Er fotografierte zunächst die Fahrer beim Rennen am Freiburger Hausberg, dem Schauinsland. „HP“ erinnerte sich später: „Die einzelnen den Berg hinauffahrenden Wagen konnten mich nicht so recht begeistern, eher schon die Hektik im Fahrerlager, die interessanten Motoren, der Lärm und seltsame Geruch dazu – damals fuhr man teilweise ja noch mit Rizinuszusätzen – es stank herrlich!“
Mittlerweile nach Stuttgart umgezogen, machte Seufert die Bekanntschaft von Eberhard Mahle (Jahrgang 1933), einem der erfolgreichsten Rennfahrer seiner Generation. Die größten Erfolge feierte dieser zwischen 1954 und 1968. National, international, bei Bergrennen und Rallyes, am Steuer unterschiedlichster Rennwagen von Abarth über Mercedes, Porsche bis Volvo. In seiner aktiven Karriere als Rennfahrer war Mahle 210 Mal am Start und errang 150 Klassen- und Gesamtsiege. Seufert über seine Zeit mit Mahle: „Er nahm mich mit zu den Rundstreckenrennen um die Deutsche Meisterschaft. Die Reisen zu den Rennen waren immer sehr lustig und vor allem in Bezug auf Pressekarten und Fotografiergenehmigungen problemlos. Ich bekam eine Helferkarte und konnte mich sogar in den Sperrzonen aufhalten.“
Richtig los mit der Rennsport-Fotografie ging es dann 1957. Nach einigen Bergläufen erhielt „HP“ beim 1000-km-Rennen am Nürburgring von der damaligen Fahrerlegende Sepp Greger eine Mechanikerbinde, mit der er sich problemlos in den Sperrzonen und der Boxengasse des „Rings“ aufhalten konnte. Damit begann Seuferts lange Liebe zum Eifelkurs, der für den Schwarzwälder zur zweiten Heimat werden sollte. Im Nachruf der „Motor Klassik“ heißt es: „Seine kiloschwere Fotoausrüstung hat ,HP‘ vermutlich Tausende Kilometer rund um den Nürburgring geschleppt und an Stellen eingesetzt, an denen zuvor noch nie ein Fotograf gestanden hatte.“
Eine fotografische Spezialität Seuferts waren die „Mitzieher“ – gestochen scharfe Rennfahrzeuge vor verwischtem Hintergrund. Aufnahmen, die eine ganz besondere Dynamik ausstrahlten. Hans-Jörg Götzl, Chefredakteur von „Motor Klassik“ und Verfasser des Nachrufs auf Hans Peter Seufert, schreibt: „Es sprach sich bald herum, dass da einer ist, der bislang nie gesehene Action-Fotos von Rennwagen macht und dazu Porträts, auf denen die Fahrer fast schmerzlich nah sind. Kein Wunder also, dass die Piloten Seufert die Fotos im Fahrerlager gleich bündelweise abkauften und sich auch Fachzeitschriften gerne von ihm beliefern ließen.“
Als am 12. August 1985 – einen Tag nach seinem verheerenden Unfall bei einem Sportwagenrennen im Mosport Park bei Toronto (Kanada) – Seuferts Schwiegersohn Manfred Winkelhock seinen schweren Verletzungen erlag, fotografierte „HP“ nie wieder bei einem Rennen. Bei der Fachzeitschrift „auto motor und sport“ lieferte er fortan das Bildmaterial für Testberichte, Neuwagenvorstellungen oder Beiträge von nationalen und internationalen Automobilausstellungen. Hinzu kamen größere Farbreportagen oder Aufträge aus der Industrie. Ober er die Rennsportfotografie jemals vermisst hat?
„HP“ – das „Magische Auge“ – hat diese Frage einmal so beantwortet: „Wenn ich mir heute die Fotos aus der Formel 1 so ansehe, graust es mir. Die Piloten, anonym, mit Vollvisierhelmen unkenntlich gemacht, tief im Cockpit liegend, der Hintergrund meistens Leitplanken – ganz schön steril die Geschichte. Zumindest aus der Sicht des Fotografen. Es gibt nur noch sehr wenige Stellen an einer Rennstrecke, von der aus man unter dem Niveau der Straße stehend, fotografieren kann, auch da wird man von Leitplanken behindert. Die breiten Sicherheitszonen erfordern oft große Brennweiten. Eigentlich bin ich froh, die Zeiten eines Fangio, von Trips und wie sie alle geheißen haben, noch miterlebt zu haben!“