Hartmut Lehbrink

Hartmut Lehbrink

Hartmut Lehbrink.

Hartmut Lehbrink berichtet seit 50 Jahren aus der Welt des großen Rennsports, erlebte mehr als 500 Grands Prix und verfasste zahlreiche Bücher. Er zählt zu den wenigen Rennsport-Journalisten in den Pressezentren der Welt, die bereits die Frontmotorautos der Fünfzigerjahre in Aktion sahen und Zeuge der großen Sportwagenrennen der Sechziger- und Siebzigerjahre wurden.

Die Anreise nach Spa-Francorchamps und zum Nürburgring erfolgte damals per Fahrrad – zugleich als gutes Training verwertet, da er ehrgeiziges Mitglied im Essener Radrennverein "Staubwolke" war. Jugendherbergen und barmherzige Bauern gewährten Kost und Logis. Mit dem Beginn der Sechzigerjahre stellte sich die ersehnte Freizügigkeit zwischen Mallory Park und Enna, zwischen Le Mans und der Targa Florio mit dem Erwerb des Führerscheins und einer endlosen Stafette von Gebrauchtwagen ein. Schließlich musste auch noch ein erfolgreiches Studium der deutschen und der englischen Philologie in Genf, Münster und Bonn finanziert werden. Ab 1971 schrieb Hartmut Lehbrink für zahlreiche in- und ausländische Fachmagazine und andere große Publikationen. Er ist Autor von mehr als 40 Büchern, 25 davon aus dem Umkreis der Formel 1. Sein Interesse galt und gilt neben dem immer neuen Drama Grand Prix vor allem den Fahrerpersönlichkeiten und der Historie. Deshalb begann er frühzeitig, Legenden wie Elisabeth Junek, Hans Stuck, Hermann Lang, Manfred von Brauchitsch und Karl Kling aufzusuchen. in vielen Fällen - wie bei Innes Ireland und John Surtees - erwuchs daraus eine freundschaftliche Beziehung. Die Passion für diesen Sport, hat Lehbrink längst resignierend festgestellt, währt lebenslänglich.

Hartmut Lehbrink mit John Surtees

Hartmut Lehbrink mit John_Surtees.

Hartmut Lehbrinks Protokoll einer Passion

Am Montag nach dem Race of Champions im März 1971 klingelte das Telefon. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Reinhard Seiffert, der damalige Chefredakteur von automotor und sport. „Ich höre, Sie waren gestern in Brands Hatch. Könnten Sie für uns aus der Rückschau einen Bericht schreiben?“ Clay Regazzoni hatte gewonnen, im Ferrari. Ich kramte in meinem Gedächtnis, tätigte ein paar Telefonate und lieferte einen ganz passablen Text ab. Der Anruf kam nicht von ungefähr. Ich hatte ja schon fast 20 Jahre als Fan auf dem Buckel, rund sechzig Grands Prix, zahlreiche Formel-2-, Sportwagen- und sogar Motorradrennen, immer zum Nulltarif, immer mitten drin und immer besessen von diesem ergiebigen Fanatismus, der völlig ohne Kaftan, Rauschebart und glühende Augen stattfindet.

Ich hatte Fangios große Auftritte 1954 und 1957 und den wundersamen Sieg von Stirling Moss 1961 in Rob Walkers Lotus am Nürburgring gesehen. Man hatte mich bei den Dreharbeiten zu John Frankenheimers Kultfilm „Grand Prix“ 1966 in Spa als Komparse rekrutiert, in der Rolle eines zudringlichen Fotografen. Ich hatte in die Fratze dieses Sports geblickt als Augenzeuge der Unfälle von Onofre Marimon (1954) und John Taylor (1966) am Ring, von Tony Hegbourne 1965 in Spa und Lorenzo Bandini 1967 in Monaco. Im April 1968 stürzte für mich eine Welt zusammen, als anlässlich eines belanglosen Formel-2-Rennens in Hockenheim plötzlich im Fahrerlager die Schreckensbotschaft von Jim Clarks Tod im ersten Lauf die Runde machte.

Ich war mit dem grandiosen Sportwagen-Aufgebot von John Wyer, mit dessen Fahrern Hawkins, Hobbs, Redman und Hailwood ich befreundet war, über die europäischen Strecken getingelt. Das heißt, Wyer und seine Helfershelfer David Yorke und John Horsman schmissen mich meistens vorzeitig raus. Sie duldeten in der Box nur hauptberuflich Beschäftigte, und so brach ich in Le Mans Ende der Sechziger zweimal murrend am frühen Samstagabend nach Paris auf, um wenigstens dort noch etwas vom Wochenende zu haben.

1980 begegnete ich Wyer noch einmal beim GP von Monaco. Er schrieb in Montauroux ganz in der Nähe seine Autobiographie „The Certain Sound“ und wirkte schon sehr krank und sehr hinfällig. „Ich weiß genau, wer Sie sind“, sprach er mich an. „Ich entschuldige mich dafür, dass ich Sie damals manchmal vor die Tür gesetzt habe. Aber wir waren Profis, und das war wohl auch das Geheimnis unseres Erfolgs.“ Dann gab er mir seine Visitenkarte und lud mich freundlich in sein Ferienhaus ein. Ich habe ihn nie wiedergesehen.

So viel unangezapfte Leidenschaft hatte sich offenbar herumgesprochen. Auto motor und sport stellte mir einen Redaktionsausweis aus und spannte mich für die Sportwagen-WM, die Interserie und die Formel 2 ein, rallye racing unter dem Pseudonym Hans Castorp auch für die Formel 1. Bald kamen Sportauto, gelegentlich Zeit, Zeitmagazin und autosport sowie die Kronenzeitung, vor allem aber die behäbige ADAC Motorwelt dazu.

Durch diese vorzügliche Publikation lernte ich auch das Phänomen des Leserbriefs kennen. Hatte man seine Sache einigermaßen gemacht, kam keiner. Eine spöttische Bemerkung über Max Mosleys Vater, den englischen Nazi-Führer Sir Oswald Mosley, brachte mir einen ein: dieser Herr Lehbrink sei ja wohl eine linke Socke – eine so große Autozeitung möge sich doch bitte aus der Politik heraushalten. Ein anderer stellte sich ein, nachdem ich mich etwas süffisant über Vorkriegs-Star Manfred von Brauchitsch geäußert hatte, der sich Anfang der Fünfziger in die „DDR“ abgesetzt hatte und dort einen ziemlich unappetitlichen Funktionärsposten bekleidete. Dieser Herr Lehbrink, hieß es da, sei doch wohl ein notorischer Rechter. Eine so große Autozeitung möge sich doch bitte aus der Politik heraushalten.

1979 landete ich dann einen echten Publikumshit. Bei einer Reportage über den Turiner Modellbauer Michele Conti entdeckte ich in dessen Büro ein Schreiben von Pink Floyd, die einen blauen Ferrari Daytona im Format 1:12 bestellten. Ich hatte keine Ahnung, wer Pink Floyd war. Bei Rosa Luxemburg, dachte ich mir harmlos, handelte es sich um eine einzelne Dame, bei Rosa von Praunheim um einen einzelnen Herrn. Also schrieb ich, der Popstar Pink Floyd habe den Ferrari geordert. Die Folge war eine wahre Flut von Leserpost, der gemeinsame Nenner: mit diesem Herrn Lehbrink beschäftige die Redaktion ja wohl eine zittrige Kalkleiste, die man doch möglichst rasch in eine Seniorenresidenz entsorgen solle und den verantwortlichen Schlussredakteur gleich mit.

Früh verlegte ich mich darauf, meine Helden, auch die von gestern, heimzusuchen und zu porträtieren, den schönen François Cevert in Neuilly, Hans Stuck sr., der von seinem Rollstuhl in Grainau aus traurig die Zugspitze betrachtete, Herrmann Lang, der mit einer grünen Schürze angetan in seinem Garten in Bad Cannstatt bosselte und wurstelte, die winzige Elisabeth Junek hoch über den Dächern von Prag, Maurice Trintignant, welcher im südfranzösischen Vergèze einen völlig ungenießbaren Weißwein anbaute.

Illustriert wurde das Trintignant-Feature von Fotograf Rainer W. Schlegelmilch. Später haben wir beide, in schönster Eintracht, über zwanzig Bücher und zahllose Artikel zusammen in die Welt gesetzt. Highlights aus diesen 50 Jahren: der GP von Frankreich 1974, als sich all diese Fahrer und Wagen aus der Zeit vor dem Krieg und aus den Fünfzigern in Dijon ein wundervolles Stelldichein gaben, die Interviews mit Gilles Villeneuve, die Abende mit dem reichen Hongkong-Chinesen, Sponsor und Rennstall-Besitzer Teddy Yip, der am Tag eine Flasche Whisky vertilgte und einen gern daran teilhaben ließ.

Und die Tiefpunkte: vor allem diese schrecklichen Unfälle. 1971 etwa der beiden Wyer-Stars Pedro Rodriguez in Nürnberg direkt vor unseren Augen (wir waren im Samstag davor noch zusammen auf einer Party in Tennenlohe gewesen) und Jo Siffert an jenem blaugoldenen Oktobersonntag in Brands Hatch (ich schrieb darüber die auto motor und sport-Geschichte „Ende mit Schrecken“). Und, natürlich, das Horror-Wochenende von Imola im April und Mai 1994 mit den Todesstürzen von Ratzenberger und Senna.

Im Übrigen nutze ich die Gelegenheit, meine meist im kleinen Kreis mit ironisch heruntergezogenen Mundwinkeln gemachte Bemerkung zu widerrufen, die Formel 1 sei nicht der Nabel der Welt. Sie i s t der Nabel der Welt, und anders war es auch nie gemeint.

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