Paul Klein

Paul Klein

Paul Klein.

„Am Wochenende des Großen Preises von Deutschland 1961 habe ich so viele meiner Postkarten von Graf Trips verkauft, dass ich meiner Frau in der Woche nach dem Rennen endlich einen Persianer kaufen konnte.“ Paul Klein, Inhaber und Urenkel der 1865 von Alex Klein in Adenau gegründeten Kunsthandlung und des gleichnamigen Ansichtskartenverlages, schmunzelt noch heute, wenn er diese Anekdote erzählt. Klein hat Deutschlands größte Rennfahrerhoffnung der Nachkriegszeit in bester Erinnerung behalten. Er weiß noch ganz genau, wie er Wolfgang Graf Berghe von Trips im Ferrari beim Freitagstraining im Karussell fotografierte: „Nur durch meine Bekanntschaft zu den dort eingesetzten einheimischen Streckenposten konnte ich über den Zuschauerzaun klettern. Ich lag in der Böschung, hatte freie Sicht und war nur eineinhalb Meter von der Strecke entfernt. Ich war der Einzige, der Graf Trips an dieser Stelle fotografierte. Den Trips-Film entwickelte ich am Abend, und die ganze Nacht über vergrößerten meine Frau Agnes und ich im Badezimmer unserer Wohnung die Aufnahmen, in Postkartengröße und Abzüge im Format bis 24x30 Zentimeter. Ich weiß aber nicht mehr genau, wie viele Abzüge wir machten.“ Jedenfalls so viele, dass die damals am Grand Prix-Wochenende im Auftrag der Fa. Klein rund um die Nordschleife eingesetzten 20 Verkäufer mit ihren Bauchläden und den angebotenen Postkarten sowie anderen Rennsouvenirs Hochkonjunktur hatten und totalen Ausverkauf meldeten – schon lange vor Rennende. „Neben meinen Postkarten mit Trips im Ferrari waren aber auch die Bilder der anderen Spitzenfahrer im Angebot. Das war damals für die Zuschauer eben ein toller Service, am Renntag aktuelle Bilder vom Großen Preis zu bekommen.“ Trips ist für Paul Klein aber noch aus einem anderen Grunde unvergessen: „Als ich Sonntagmittag vor dem Rennen an den Boxen vorbeilief, sah ich Graf Trips, wie er seine Rennvorbereitungen traf. Jubelstürme der Zuschauer brachen aus. So etwas hatte ich am Nürburgring noch nie erlebt. Auch später nicht mehr. Trips wurde gefeiert wie kein Zweiter.“

Paul Klein, Jahrgang 1935, führt seit rund 50 Jahren ein Unternehmen, das weltweit bekannt ist – Nürburgring-Postkarten „copyright by Klein“ wissen Rennsportfans auf allen Kontinenten zu schätzen. Besonders deshalb, weil fotografisches Können und die einzigartigen, qualitativ außergewöhnlichen Aufnahmen zum Markenzeichen ihres Geschäftes wurden. Aber nicht nur seit Paul, der gelernte Buchbinder und Einrahmer, begann, das Rennsportgeschehen am Nürburgring im Bild festzuhalten. Schon seine Vorfahren hatten den guten Ruf des Hauses Klein - als vielseitiges und engagiertes Unternehmen (Ansichtskarten, Fotos, Einrahmungen, Kunstgegenstände, Bürobedarf, Spielwaren) – begründet. Auch Großvater Johann Alex und Vater Friedrich waren bekannt für ihre ausgezeichneten Schwarz-Weiß-Fotos: Kleinsche Postkarten gabs bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Die Motive waren gefragt und wurden im Laufe der Zeit zu begehrten Sammlerstücken – nicht nur für die Rennbesucher, denn neben den bekannten Klein-Rennbildern wurden auch Landschaftsaufnahmen „Rund um den Ring“ verkauft. Also Eifel- und Nürburgring-Reklame „pur“ durch die Familie Klein – auch, wenn es um den Verkauf von ureigenen Ring-Utensilien wie Anstecknadeln sowie Auto- und Motorradplaketten ging. Klein erinnert sich: „Die Sachen kamen manchmal erst am Samstagnachmittag bei uns im Geschäft in Adenau an. Dann gings zu Fuß rund um den Nürburgring zu unseren Verkäufern, denn die sollten ja die Souvenirs am Sonntag an der Rennstrecke verkaufen.“

Von 1958 an fotografierte Paul Klein mehr und mehr – sowohl in der Region als auch an der Rennstrecke. Zuerst mit einer Contax: „Als die Profis meine Kamera sahen, lachten sie. Meine guten Bilder aber sprachen für mich. Obwohl ich am Ring bekannt war, gab es Probleme, überall an der Strecke Aufnahmen zu machen. Ich hatte nämlich keinen Presseausweis und bekam daher keine spezielle Fotografen-Binde. Zahlreiche Freunde und Bekannte aus der Region und aus Adenau, damals bei jedem Rennen in der Organisation und in der Streckensicherung eingesetzt, halfen mir. Entlang der Nordschleife konnte ich mich nun frei bewegen, oft an Stellen, da flatterte mir das Hemd, so nah war ich dran an den Wagen. Nur zum Start- und Zielbereich hatte ich keinen Zugang. Dort lagen die Boxen, nur da konnte man gute Porträts von den Fahrern machen.“ Klein hatte immer gute Ideen, sein Interesse galt jetzt der Nürburgring-Feuerwehr. Die hatte nämlich bei jedem Rennen im Start- und Zielhaus, also unmittelbar vor den Boxen, ihr Einsatzbüro – direkt neben der Polizei-Leitzentrale. Nur wenig später hieß der Einsatzleiter der Nürburgring-Feuerwehr Paul Klein mit Dienstsitz bei „Start und Ziel“ …

Bis heute sind übrigens keine Beschwerden über die Einsätze der Renn-Feuerwehr unter ihrem Einsatzleiter Klein bekannt geworden. Klein blickt nochmals zurück: „Die Freitags-Nachtschichten nahmen jetzt kein Ende mehr. Nun hatten wir neben guten Streckenaufnahmen noch jede Menge Porträts zu machen. Auch die waren gefragt, selbst einige Rennfahrer wollten schon einen Tag später ihre Aufnahmen von uns haben.“ In der Nacht zum Samstag, den 2. August 1964, war er besonders gefordert: Honda gab an diesem Wochenende beim deutschen Formel-1-WM-Lauf sein Grand Prix-Debüt. Der Fahrer des ersten japanischen Monoposto hieß Ronnie Bucknum, bis dahin in Europa ziemlich unbekannt. Das sollte sich aber ändern – Deutschlands Boulevard-Zeitung Nummer 1, BILD, wollte nämlich am Samstag vor dem Rennen den Honda mit Bucknum auf ihrer Titelseite veröffentlichen: aktuell mit einem Foto vom Training am Nürburgring. Klein war gefordert. Er fotografierte den Honda, machte den Abzug und schickte die Aufnahme per Express nach Hamburg - tags darauf war der Wagen aus dem Land der aufgehenden Sonne millionenfach verbreitet. Paul Klein war aus doppeltem Grunde stolz: „Mein Bucknum-Foto erschien auf der ersten Seite, und außerdem bekam ich noch ein tolles Honorar dafür, 30 Mark! In Erinnerung blieb mir aber auch noch eine Aussage des Amerikaners, die ein Reporter notierte: Bucknum meinte doch glatt, wenn er gewusst hätte, was ihn auf der Nürburgring-Nordschleife erwartet, wäre er lieber zu Hause mit Masern im Bett geblieben.“

Inzwischen war die Adresse „Am Markt 9“ in Adenau bekannter denn je. Zahlreiche Nürburgring-Fans und auch viele Personen, die direkt mit den Rennen zu tun hatten, wussten: Schon am gleichen Wochenende gibt’s bei Kleins aktuelle Fotos – einmalig, zum moderaten Preis und in bester Qualität. Eine bessere Reklame war damals gar nicht möglich. Klein bestätigt das: „Wir waren anerkannt, und schließlich fotografierten wir ja auch direkt für die Nürburgring GmbH. Oben am Ring, neben der Haupttribüne, hatten wir sogar immer unseren eigenen Stand, den führte die Familie Maus aus Dümpelfeld. Und unsere 20 Bauchlädenkartenverkäufer waren immer im Einsatz, rund um den Ring, bei Wind und Wetter. Heute undenkbar.“ Paul Klein wird wehmütig: „Nicht nur im Rennsport gabs einen Wandel. Auch das Geschäft veränderte sich, für uns aber nur zum Nachteil. Offizielle Nürburgring-Aufträge blieben aus. Das Nürburgring-Magazin mit zahlreichen Bildern von uns erschien Mitte der 70er Jahre nicht mehr. Einen Fotografen-Sonderausweis gabs für mich ohnehin nicht, und Adenau geriet durch neue Strukturen am Nürburgring immer mehr ins finanzielle Abseits. Auch deshalb, weil die Zuschauer in den vergangenen Jahren einen Rennbesuch am Nürburgring nur noch mit der eigentlichen Rennveranstaltung verbunden haben und die unvergesslichen Rennwochenenden in der Region und in Adenau längst der Vergangenheit angehören. Die Adenauer Geschäftswelt spürt das schon ganz schön.“

Die Fotografie ist immer noch eine Passion von Paul Klein – neben der Malerei und seiner großen Kunstsammlung, in der sich Werke von rund 30 Eifelmalern befinden. Diesem Hobby kann sich der inzwischen 71jährige jetzt mehr und mehr widmen, denn Sohn Alexander arbeitet mit im Geschäft. Über Enkelsohn Wolfhard freut sich Paul Klein besonders: „Ich glaube, der wird mal ein richtig guter Fotograf.“

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